Thüringische Landeszeitung, 14.11.2002
Immer mehr Menschen erkranken an Diabetes
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Die Diabetikerversorgung ist verbesserungswürdig
meint Dr. Hermann Raabe. Foto: tlz |
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Erfurt/Heiligenstadt. (dpa/tlz) Etwa 150 000 Menschen in Thüringen sind
an Diabetes erkrankt. Das teilte das Thüringer Sozialministerium im Vorfeld des heutigen Weltdiabetestages
mit. "Die Tendenz ist steigend", sagte Sozialminister Frank-Michael Pietzsch (CDU). Gemeinsam mit dem
Thüringer Landesverband des Diabetikerbundes will der Minister heute über die Krankheit informieren.
In diesem Jahr steht der Diabetestag unter dem Motto "Deine Augen und der Diabetes: Verlier die Risiken nicht
aus dem Blick".
Rund zwei Prozent aller Menschen, die länger
als 15 Jahre an Diabetes erkrankt seien, würden blind, erklärte Pietzsch. Viele Betroffene wüssten
nicht, welche Therapiemöglichkeiten es inzwischen gebe. "Menschen erblinden oder müssen zur Dialyse,
auch soziale Probleme belasten den Alltag", sagte Pietzsch. Das müsse nicht sein.
Anlässlich des heutigen Weltdiabetestages sprach Monika Köckritz mit Dr. Hermann Raabe, Internist und
Diabetologe in Heiligenstadt.
Was macht die besondere Problematik dieser Krankheit
aus?
Die Problematik ergibt sich aus ihrem komplexen
Ursachengefüge, so speziell beim dominierenden Typ 2-Diabetes in Form der weitverbreiteten Fettleibigkeit
als Ergebnis falscher Ernährung und Bewegungsmangel und ihrer erheblichen Komplikationsraten. Hier sei an
die in Deutschland jährlich notwendigen 27 000 Amputationen, die jährliche Zahl von 4000 Neu-Erblindungen
und rund 8000 neu dialysepflichtig gewordenen Diabetiker erinnert. Aber auch die steigenden gesundheits-ökonomischen
Belastungen gehören dazu.
Wie hoch sind diese Kosten?
Sie wurden 1999 allein für die Behandlung des
Typ 2-Diabetes mit rund 31,4 Milliarden DM beziffert.
Wie wirkt sich eine Erkrankung auf die Lebenserwartung
aus?
Zu den nüchternen, wie erschreckenden Aussagen
der Diabetesstatistik, nicht nur in Deutschland, zählt auch die Tatsache der durch arteriosklerotisch bedingte
Krankheitsprozesse deutlich verkürzten Lebenserwartung von Diabetikern im Vergleich zu Nichtbetroffenen. In
der Hauptsache sind das Herzinfarkt und Schlaganfall. Erinnert sei auch an das menschliche Leid, speziell der von
Komplikationen Betroffenen und deren Angehörige. Leider schlägt sich das in der Statistik nicht nieder.
Was kann ein Weltdiabetestag bewirken?
Der Gedenktag soll einen Auftrag erfüllen:
Er soll erinnern, bewusstmachen und mahnen. Möglichkeiten, den Diabetes mellitus auszuheilen, kennen wir derzeit
noch nicht. Andererseits muss leider festgestellt werden, dass nicht einmal wissenschaftlich begründete antidiabetische
Vorbeugungs-, Früherkennungs- und Behandlungsstrategien flächendeckend praktiziert werden.
Fortschritte nötig
Von allen Beteiligten, insbesondere Ärzteschaft
und Krankenversicherungen, wird die Überzeugung bekundet, dass die Diabetikerversorgung in Deutschland verbesserungsbedürftig,
aber auch verbesserungsfähig sei. Im Vergleich zu den von allen anerkannten Zielen der St. Vincent-Deklaration
(1989) konnten bisher leider wesentliche Fortschritte nicht erreicht werden.
Wie stehen die Politiker dazu?
Immerhin hat das Diabetes-Problem auf der Basis
gesundheits-ökonomischer Zwänge auch das Interesse der Politik gefunden. In deren Resultat wurden die
so genannte Disease-Management-Programme auf den Weg gebracht. Es entbehrt nicht einer gewissen Tragik, dass die
von Diabetes Betroffenen, als Zielgruppe aller Bemühungen, mit dem Begriff "DMP" wenig vertraut
sind. So die Befragungsergebnisse aus einer Diabetiker-Selbsthilfegruppe. "DMP" heißt frei übersetzt
"Krankheit-Steuerungs-Programm".
Was erwarten die Betroffenen?
Es bleibt letztendlich die Erwartung aller von Diabetes
Betroffenen, dass nun statt Reden Taten folgen. Im Vordergrund sollte dabei das Patienteninteresse stehen, allerdings
wird es ohne Kompromisse nicht gehen.
Heute findet ab 10 Uhr in der Niedersachsenhalle in Hannover die Zentralveranstaltung auf nationaler Ebene anlässlich
des diesjährigen Weltdiabetestages stattfinden. Zwei Themen stehen im Vordergrund: diabetesbedingte Augenkrankheiten
und in einer Podiumsdiskussion das hochaktuelle Thema "Disease Management Programm Diabetes mellitus Typ 2".
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