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Informationsdienst Wissenschaft (idw), 06.09.2005
Laufende Kontrolle von Diabetikern über Telemedizin kann zu Milliardeneinsparungen
im Gesundheitswesen führen
Wirtschaftswissenschaftler der Greifswalder Universität erforschten gesundheitsökonomische
Folgen von Diabetes-Behandlungen
Wirtschaftswissenschaftler der Universität Greifswald haben in enger Kooperation
mit dem DISCO-Verbund (s. Hintergrund) und dem Institut für Diabetes "Gerhardt Katsch" in Karlsburg
(IDK) zwei Jahre lang geforscht, welche Kostenersparnis durch eine telematikbasierte Überwachung und Blutzuckereinstellung
von chronisch zuckerkranken Patienten zu erwarten ist. Dazu wurden Analysewerte von telemedizinisch kontrollierten
Diabetikern und eine für derartige Fragestellungen entwickelte Simulationssoftware der Firma IMOR hinzugezogen.
Ergebnis der Untersuchungen: Gelänge es mit Hilfe der Telemedizin die für das Jahr 2010 prognostizierten
zusätzlichen 5 Millionen zu den derzeit in Deutschland lebenden Diabetikern von Krankheitsbeginn an leitliniengerecht
einzustellen, könnten über einen Betrachtungszeitraum von 10 Jahren rund 4,3 Mrd. ¤ durch die
Gesetzliche Krankenversicherung eingespart werden.
Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) ist eine der bedeutendsten Volks- und Wohlstandskrankheiten unserer Gesellschaft,
an der bundesweit etwa vier bis sechs Millionen Menschen leiden. Prognosen gehen davon aus, dass sich die Anzahl
der Erkrankten ohne eine Verstärkung der Präventionsarbeit und eine gesündere Ernährung in
den kommenden Jahren explosionsartig ausbreiten wird. Um eine erfolgreiche Kontrolle der Zuckerkrankheit zu gewährleisten
und diabetische Spätfolgen vorzubeugen oder zu verhindern, ist in der so genannten sekundärpräventiven
Phase eine entsprechende kontinuierliche Zuckereinstellung und Zuckerkontrolle der betroffenen Patienten notwendig.
Als Grundlage für die am Lehrstuhl von Prof. Dr. Manfred Jürgen Matschke vorgenommene Evaluation der
telematikbasierten Blutzuckereinstellung von Diabetes-Patienten dienten Annahmen bezüglich der medizinischen
Wirksamkeit des durch das IDK konzipierten Therapieregimes. Mit Hilfe der durch das Institut entwickelten Software
(KADIS®) des Diabetes Service Center Karlsburg (DCC®) ist es möglich, das zu erwartende auftretende
Blutzuckertagesprofil eines Diabetespatienten auf der Basis seiner individuellen Stoffwechselsituation in Abhängigkeit
unterschiedlicher therapeutischer Maßnahmen und körperlicher Aktivitäten nachzuahmen. Unmittelbar
daraus können die gesundheitsökonomischen Folgen von regelmäßiger Therapieüberwachung
errechnet werden. Die ökonomischen Konsequenzen wurden mit Hilfe einer über zehn Jahre simulierten Untersuchung
auf Basis von medizinischen Langzeitstudien ermittelt. Ein Schwerpunkt lag in der Ermittlung der durch eine laufende
Blutzuckereinstellung bedingten Ausgabenersparnisse aus Sicht der Gesetzlichen Krankenversicherung in Abhängigkeit
des therapeutischen
Erfolgs.
Übergreifendes Ziel der Studie "Gesundheitsökonomische Evaluation" war es, die gesundheitsökonomischen
Vorteile einer optimalen Behandlung von chronischen Patienten zu analysieren und Kostenersparnisse für unterschiedliche
"medizinische Erlebnisszenarien" zu quantifizieren. Der enorme Einfluss der Einstellungsqualität
des Blutzuckers von Diabetespatienten auf die Manifestation und Progression diabetesspezifischer Folgekomplikationen
sowie den damit verbundenen Kosten konnte eindrucksvoll belegt werden. Das auf der Investitionstheorie entwickelte
Modell kann von Krankenkassen oder anderen Einrichtungen für die Beurteilung von sekundärpräventiven
Maßnahmen im Rahmen des Diabetes mellitus herangezogen werden.
In der derzeitig laufenden Studie werden die getroffenen Annahmen hinsichtlich der medizinischen Wirksamkeit des
Therapiekonzepts durch aktuelle aus der medizinischen Evaluation resultierenden Daten ersetzt. Erste Studienergebnisse
bestätigen die getroffenen Annahmen hinsichtlich der Wirksamkeit des Therapiekonzepts aus medizinischer Sicht.
Hintergrund DISCO
In dem unter Federführung des Instituts für Diabetes Karlsburg initiierten DISCO-Verbundprojekt "Disease
Informations- und Service- Center Online" (DISCO) entstehen telemedizinische Dienstleistungsunternehmen. Diese
können auf der Basis vernetzter Betreuungsstrukturen und rechnergestützter Beratungssysteme Informationen
und Behandlungsempfehlungen zu chronischen Krankheitsbildern in Form eines Health Care Centers für die ortsunabhängige
Nutzung, 24 Stunden am Tag, verschiedenen Nutzergruppen (Patienten, Ärzten, weiteren Dienstleistern) zur Verfügung
stellen. Der DISCO-Verbund in der Region Vorpommern ist als InnoRegio Teil von "Unternehmen Region",
einer vor sechs Jahren gestarteten Innovationsinitiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung
(BMBF) für die neuen Länder. Das DISCO-Vorhaben wird erstmalig die Anwendung einer neuen, innovativen
Generation gesundheitstelematischer Dienstleistungen als Bindeglied zwischen Medizin und moderner Informations-
und Kommunikationstechnologie an konkreten Beispielen der Patientenbetreuung definieren.
Ansprechpartner an der Universität Greifswald
Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät
Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftlehre und Betriebliche Finanzwirtschaft
Prof. Dr. Manfred Jürgen Matschke
Mitarbeiter: Dipl.-Kfm. Dirk Klebingat/Dipl.-Kfm. Andreas Bull
Loefflerstraße 70, 17487 Greifswald
T +49 (0)3834/86 24 98
F +49 (0)3834/86 24 97
E matschke@uni-greifswald.de
<www.rsf.uni-
greifswald.de/bwl/finanzwirtschaft/Lehrstuhl%20Homepage/Finanzwirtschaft%20Startseite.htm>
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