Thüringer Allgemeine Zeitung, 11.05.2002
Rauchen geht auch an die Nieren
Mehr als sieben Millionen Deutsche gelten derzeit als süchtige Raucher. Die 5. Deutsche Nikotinkonferenz in Erfurt widmet sich seit gestern speziell Folgen für nierenkranke Diabetiker und Schädigungen für Zähne und in der Mundhöhle.
Auf wenige Monate im Schnitt verkürzt sich die Überlebensrate von rauchenden Diabetikern, die wegen eines schweren Nierenschadens regelmäßig zur Dialyse müssen. Das belegte Prof. Stephan Orth aus Bern am gestrigen Eröffnungstag der Konferenz. Abstinente Diabetiker Typ 2 hätten dagegen trotz Nephropathie oft noch Jahre vor sich, sagte der Schweizer Forscher.
Nach Atmungsorganen und Kreislaufsystem stellen die Nieren das dritthäufigste Schadorgan bei Rauchern dar; Nierenschäden schreiten bei ihnen mit dreifachem Tempo fort. In der Diskussion verwiesen die über 60 Wissenschaftler, Ärzte und Zahnärzte hier einmütig auf sofortigen Rauch-Stopp.
Nach jüngsten Untersuchungen sollen sich vor allen in Schweden und den USA immer mehr Zigaretten-Raucher auf Tabakschnupfen oder -kauen umstellen. Bereits fast ein Viertel der schwedischen Männer würden damit allein ihr vorheriges Lungenkrebs-Risiko auf fast Null reduzieren, berichtete Prof. Knut-Olaf Haustein vom einzigen deutschen Institut für Nikotinforschung und Raucherentwöhnung in Erfurt. Im Vergleich zu Pfeifen-, Zigarillo- und Zigarettenrauchern müssten bei den "Priemern" auch bestimmte Krebsformen wie Magen- oder Nierenkrebs seltener diagnostiziert werden.
Nach einer EU-Studie greifen derzeit schon über 60 Prozent der 15-Jährigen regelmäßig zur Zigarette; die Mädchen dieses Alters noch häufiger als die Jungs. Als nicht weniger bedenklich wurde auf der Konferenz auf die stetige Zunahme der weiblichen Raucher verwiesen. Mit dem gegenwärtigen Anteil von 35 Prozent stehen die rauchenden Frauen und Mädchen den nach Nikotin hechelnden Männern kaum nach.
Von Jürgen REICHENBÄCHER
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