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Informationsdienst Wissenschaft (idw), 06.06.2003
Profitiert die Niere vom moderaten
Alkoholgenuß?
Daß das Gläschen Rotwein am Abend das Risiko von Herzinfarkt
und Schlaganfall insbesondere bei älteren Menschen abmildert, hat sich schon weit herumgesprochen und ist
in zahlreichen Studien gut belegt. Auch die Gehirntätigkeit scheint von moderatem Alkoholgenuss (nicht mehr
als zwei Glas am Tag), zu profitieren, indem die Demenzhäufigkeit abnimmt. Indessen ist der Wirkmechanismus
dieser positiven Einflüsse bisher nicht vollständig aufgeklärt. Gesichtert scheint aber, dass Rotwein
reich ist an sogenannten Polyphenolen, die als sog. Antioxydantien Schutzeffekte an den Blutgefäßen
ausüben. Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen haben viele molekulare und zelluläre Gemeinsamkeiten.
Daher schien es den Forschern um Priv. Doz. Dr. Harm Peters von der "Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt
Nephrologie" der Charité sinnvoll, nach dem möglichen Nutzen geringer Mengen alkoholischer Getränke
für die Niere am Modell der Ratte zu fahnden.
Ratten mögen Bier. 40 Milliter pro Tag haben sie recht gern getrunken, obwohl sie an einer akuten oder an
einer chronischen Nierenerkrankung (Glomerulonephritis) litten. Sobald man ihnen jeweils nachmittags ihren Drink
angeboten hatte, haben sie sofort die gesamte Portion getrunken, obwohl ihnen auch Wasser nach Belieben zur Verfügung
stand. 40 ml Bier mit einem Alkoholanteil von 4,9% entsprechen bei den Ratten pro Tag etwa 2 ml reinen Alkohols
und damit einem sehr mäßigen Alkoholgenuß. Das ließ sich auch morgens am Alkoholgehalt im
Blut erkennen, der unterhalb der Nachweisgrenze von 0,02 %o (pro mille) blieb.
Die akut erkrankten Ratten wurden während der folgenden sieben Tage und die chronisch erkrankten Tiere nach
15 Wochen untersucht hinsichtlich ihrer Nierenfunktion, ihres Blutdrucks, des Körpergewichts und möglicher
Zellveränderungen im Nierengewebe.
Bei den Tieren mit akuter Nierenentzündung änderte sich nichts, weder zum Besseren noch zum Schlechteren.
Die Funktion der Nieren chronisch kranker Tiere verschlechterte sich innerhalb der folgenden 15 Wochen, jedoch
nicht stärker als bei chronisch kranken Tieren, denen der Alkoholgenuß verwehrt geblieben war. Nur der
Blutdruck war bei den alkoholtrinkenden Tieren geringfügig (aber nicht statistisch signifikant) niedriger
als bei den abstinenten Ratten.
Die Ergebnisse (veröffentlicht im angesehenen amerikanischen Fachblatt für Nierenphysiologie (Am J Physiol
Renal Physiol, Band 284 [2003] F1105-F1114) sind für die Forscher überraschend, denn sie hatten mit einem
Nutzen des mäßigen Alkoholgehaltes für nierenkranke Tieren gerechnet.Möglicherweise ist der
Nutzen an die Art des Alkohols gebunden. Auch Bier enthält starke Anti-oxidantien in Form der sogenannten
Flavonoide.Aber vielleicht hätte man mit Rotwein Erfolg gehabt. Es bleibt also offen, ob vielleicht der Typ
des getrunkenen Alkohols von Bedeutung ist und auch, ob die menschliche Niere im Gegensatz zum Organ der Ratten,
nicht doch positiv auf mäßig-regelmäßigen Alkoholgenuß reagiert.
Dr. med. Silvia Schattenfroh
Charité
Medizinische Fakultät der
Humboldt-Universität zu Berlin
Pressereferat-Forschung
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