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dpa / news aktuell - ots, 18.07.2006
Bundesausschuss entscheidet gegen Patienten
BPI: Diabeteskranke zahlen für Finanzprobleme der Kassen mit ihrer Gesundheit
Berlin (ots) - "Mit seinem
heutigen Beschluss kurzwirksame Insulinanaloga für den Großteil
der Typ 2 Diabetiker aus dem Leistungskatalog der GKV auszugrenzen,
zementiert der G-BA die Zwei-Klassen-Medizin für Diabetiker",
erklärte heute Dr. Bernd Wegener, Vorsitzender des Bundesverbandes
der Pharmazeutischen Industrie. Er sei sehr enttäuscht und verärgert
über diese Entscheidung, da der Ansatz der Nutzenbewertung offenbar
gegen besseres Wissen dazu missbraucht würde, um zu Lasten der
GKV-Patienten Leistungsausgrenzungen vorzunehmen. Die zusätzliche
Verschärfung des Beschlusses durch die Aufhebung des
Bestandsschutzes für 400 000 heute mit modernen Insulinen
behandelte Patienten zeige, dass allein finanzielle Motive für die
Entscheidung maßgeblich waren, da alle fachlichen, medizinischen
Argumente systematisch ignoriert worden sind. Dies sei, so Wegener,
vor dem Hintergrund der weltweit zunehmenden Zuckerkrankheit ein
"Rückfall in das medizinische Mittelalter", obwohl in
Deutschland der Anteil der Diabetiker an der Bevölkerung bei sieben
bis acht Prozent liegt, mit steigender Tendenz.
Wer es sich leisten könne oder privat versichert sei,
werde weiterhin eine am internationalen wissenschaftlichen Standard
ausgerichtete Diabetes-Therapie erhalten. Den Kürzeren würden
diejenigen ziehen, die nicht über die entsprechenden finanziellen
Mittel verfügten, sagte der BPI-Vorsitzende. "Wieder einmal
sollen die niedergelassenen Ärzte als Erfüllungsgehilfen der
Politik Rationierungen gegenüber den Patienten vertreten müssen während
gleichzeitig ihre Therapiefreiheit in Frage gestellt wird."
Zudem kritisierte Wegener die Begründung des
Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), nach der kurzwirksame
Insulinanaloga therapeutisch gleichwertig, nur teurer als
Humaninsulin seien. "Hier irrt der Bundesausschuss. Die vom
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)
angewandte Methodik der Nutzenbewertung weist, wie in den
Stellungnahmen von Expertenseite aufgezeigt, gravierende Versäumnisse
auf und führt dadurch zu einem falschen Ergebnis. Darüber hinaus
ist die Bewertung der Therapiekosten durch den G-BA auf Basis des
Apothekenverkaufspreises sachlich falsch, da die Dosiseinsparungen
unter einer Therapie mit modernen Insulinen nicht berücksichtigt
werden. Für einen Vergleich der Gesamtkosten müssten vielmehr die
tatsächlichen Erstattungen durch die Gesetzliche
Krankenversicherung (GKV) herangezogen werden. Die Entscheidung ist
daher sowohl medizinisch als auch ökonomisch falsch", so
Wegener.
Durch die Fixierung auf die Reduktion von
Medikamentenkosten würde außerdem das eigentliche Ziel - nämlich
die Verhinderung von Begleiterkrankungen und Folgekomplikationen wie
z. B. Polyneuropathien und Durchblutungsstörungen - aus den Augen
verloren. Diese jedoch seien mit einem Anteil von über 50 Prozent
die eigentlich kostenintensiven Faktoren des Diabetes. Durch eine
dem gegenwärtigen medizinischen Stand entsprechende
medizinisch-therapeutische Versorgung könnte hier das größte
Einsparpotenzial erschlossen werden. Außerdem fänden weitere
Vorteile einer Behandlung mit kurzwirksamen Insulinanaloga wie, z.
B. eine leichtere Gewichtskontrolle und eine höhere Lebensqualität
der Patienten, in der Bewertung des G-BA keine Berücksichtigung.
Mit seiner Entscheidung öffne der G-BA das Tor für
weitere GKV-Leistungsausgrenzungen. "Die Nutzenbewertung durch
ein interessengeleitetes Institut scheint die Lösung für eine
systematische Leistungsausgrenzung zu sein, wobei die Vertreter der
Krankenkassen und der Ärzte offensichtlich bereit sind, aus
Kostengründen jegliche Verantwortung für die Versorgung der
Patienten von sich zu weisen. Trotzdem werden wir nicht tatenlos
zusehen, wie Patienten zum Sündenbock einer verfehlten
Gesundheitspolitik gemacht werden", kündigte Wegener an.
Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e. V.
(BPI) vertritt mit seiner 50jährigen Erfahrung auf dem Gebiet der
Arzneimittelforschung, -entwicklung, -zulassung und -vermarktung das
breite Spektrum der pharmazeutischen Industrie auf nationaler und
internationaler Ebene. Über 280 Unternehmen mit rund 73.000
Mitarbeitern haben sich im BPI zusammengeschlossen. Dazu gehören
klassische Pharma-Unternehmen, Pharma-Dienstleister, Unternehmen aus
dem Bereich der Biotechnologie, der pflanzlichen Arzneimittel und
der Homöopathie/Anthroposophie.
Pressekontakt:
Wolfgang Straßmeir
Tel. 030/27909-131
wstrassmeir@bpi.de
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