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Bremer Nachrichten, 18.07.2001
Mit Traubenzucker und Insulin im schmalen Boot
Verein der Kanu-Sport-Freunde bietet speziellen Kajak-Kursus
für Diabetiker an / „Optimaler Wassersport“
Von unserem Mitarbeiter Ole Bödeker
Ende August startet der Verein Kanu-Sport-Freunde zum ersten Mal einen Kajak-Kursus nur für Diabetiker. Die
Idee dazu hatte Vereinsmitglied Maike Wark, seit 14 Jahren selbst Diabetikerin. Durch ihre Krankheit habe sie sich
nie wirklich beeinträchtigt gefühlt, sagt die 31-Jährige. Ein Grund dafür sei, dass Diabetiker
heutzutage allgemein nicht mehr so bevormundet würden wie noch vor einigen Jahren.
Sicher steuert die Bremerin ihren Kajak ans Weserufer des Vereinsgeländes und steigt aus. Ihre Krankheit und
ihren Sport unter einen Hut zu kriegen war für die Assistentin für chemische Technik kein Problem. „Ich
musste mich am Anfang nur mit meinem Arzt absprechen und die Insulin-Dosis der Leistungsanforderung anpassen“,
erzählt sie.
Insulin ist das gängige Behandlungsmittel für Diabtiker (Zuckerkranke). Weil der Blutzuckerpegel bei
ihnen eher niedrig gehalten werden muss, wird Insulin als Ersatzstoff gespritzt. Denn das lässt sich bei körperlicher
Anstrengung nicht in Energie umwandeln und hält den Pegel damit niedrig. Wird beim Sport jedoch mehr Blutzucker
verbraucht, bedeutet das im Umkehrschluss, dass leicht eine Unterzuckerung droht. Sie kann Wahrnehmungsschwierigkeiten,
Kreislaufschwächen und sogar Ohnmachtsanfälle verursachen.
Wenn Maike Wark also zu einer ihrer häufigen ganztägigen Kajak-Touren am Wochenende startet, spritzt
sie sich vorher weniger Insulin und nimmt dafür etwas mehr Zucker zu sich. Außerdem hat die junge Frau
immer ihren Traubenzucker und die Insulinspritzen dabei, wenn sie im Boot unterwegs ist. „Das liegt dann wasserdicht
verpackt im Rumpf. Eigentlich benötige ich das zwar nie, weil ich die Dosis inzwischen gut kenne. Aber man
weiß ja nie“, sagt sie.
Auf die Idee, zu paddeln, ist Maike Wark vor mittlerweile neun Jahren aus reiner Interesse am Wassersport gekommen.
Auch ansonsten schont sich die 31-Jährige nicht, und fährt zum Beispiel jeden Tag zur Arbeit und zurück
rund 20 Kilometer mit dem Fahrrad.
„Es ist wichtig, dass Diabetiker selbst wissen, wie sie sich behandeln können. Etwa, was das Messen des Blutzuckerspiegels,
das Spritzen von Insulin und andere Kleinigkeiten angeht,“ ist ihre Erfahrung. „Zum Glück werden Diabetiker
nicht mehr so bevormundet wie noch vor 20 Jahren. Statt dessen ist man dazu übergegangen, ihnen ihr Schicksal
selbst in die Hand zu geben.“
Dass Selbstständigkeit für Zuckerkranke wichtig ist, um sie nicht unnötig vom Paddeln, Fußballspielen,
Reiten oder Joggen abzuhalten, findet auch Harm Hammer. Der Diabetologe ist der Arzt von Maike Wark und wird zudem
den Kajak-Kursus der Kanu-Sport-Freunde medizinisch betreuen. „Kajakfahren ist allgemein ein sehr gesunder Sport,
da der ganze Körper zwar beansprucht, aber nicht übermäßig belastet wird. Von daher ist er
gerade für Diabetiker optimal“, erklärt der Arzt. Maike Wark sieht in dem Kursus aber wesentlich mehr
als nur die sportliche Seite. „Es ist natürlich auch ein Erfahrungsaustausch, der hier stattfindet. Der sollte
nicht zu kurz kommen.“
Zusammen mit ihrem Mann Michael , der zugleich Vorsitzender des Kanuvereins ist, hatte sie die Idee zu dem Lehrgang
entwickelt. „Vorab wird es eine theorethische Einführung geben, in wiweit sich der Sportler umstellen muss.
Es wird geübt werden, wie man den Blutzuckerspiegel auf dem Wasser misst oder sich dort Insulin spritzt“,
erläutert Harm Hammer das Konzept. Er selbst wird Ende August nicht nur am Ufer mit Tipps und Informationen
warten. Statt dessen wird er ebenfalls mit ins Boot steigen, um zu lernen, wie man einen Wanderkajak-Einer auf
der Weser steuert und vorwärts bekommt.
Informationen und Anmeldung bei den Kanu-Sport-Freunden Bremen unter der Telefonnummer 0421 /53 01 42.
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