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DDB Deutscher Diabetiker Bund, 15.02.2006
Erfahrungen der Betroffenen müssen ausschlaggebend sein
Pressekonferenz des Deutschen Diabetiker Bundes (DDB)
„Diabetiker wehren sich!“, Berlin, 15. Februar 2006
Berlin, 15.02.2006. Es besteht Grund, sorgenvoll darüber nachzudenken, wie sich die
Diabetesbehandlung in Deutschland künftig gestalten wird. Der Deutsche Diabetiker Bund (DDB) betont mit aller
Deutlichkeit: In den Empfehlungen und Entscheidungen zum Thema kurz wirksame Analoginsuline für Typ-2-Diabetiker
müssen die Erfahrungen der Betroffenen ausschlaggebend sein, zumal die Evidenz unentschieden ist. Die Zeit
drängt, und die jetzt vorliegende Nutzenbewertung ist erst der Auftakt eines Eingriffs in die Therapiefreiheit,
erläutert Manfred Wölfert, Bundesvorsitzender des DDB.
In Deutschland gibt es zurzeit rund 6,5 Millionen Menschen mit Diabetes mellitus, etwa 1,5 Millionen unter ihnen
werden mit Insulin behandelt. Das breite Sortiment der Insuline unterliegt einer ständigen Entwicklung, die
seit eh und je darauf zielt, das Medikament immer besser dem körpereigenen Hormon Insulin anzupassen und auf
diesem Wege die Lebensqualität der Menschen mit Diabetes so zu verbessern, dass sie ihre chronische Erkrankung
souverän beherrschen können.
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Manfred Wölfert |
Ein großer und wichtiger Schritt zur Erreichung dieses Ziels gelang 1996, als das erste kurz wirksame Analoginsulin
auf dem deutschen Markt kam. Inzwischen sind die Analoginsuline (mittlerweile gibt es auch lang wirksame Analoga)
aus der Diabetesbehandlung nicht mehr wegzudenken und werden deshalb zunehmend häufiger verordnet. Es ist
nun zu befürchten, dass diese modernen Insuline in absehbarer Zeit nicht mehr von den Gesetzlichen Krankenkassen
erstattet werden und es drastische Einschränkungen für die ärztlichen Verordnungen geben wird. Darüber
hinaus wird Ärzten, die sich im Interesse ihrer Patienten über diese Beschneidung ihrer Therapiefreiheit
hinwegsetzen, mit zusätzlichen Regressen gedroht und jenen, die sich „wohl“ verhalten, werden Belohnungen
versprochen. (Geplante Malus-Bonus-Regelung)
Der Deutsche Diabetiker Bund (DDB) als die älteste und größte Patientenorganisation für Menschen
mit Diabetes in Deutschland, hat in dem Prozess der Entscheidungsfindung zwar ein gewisses Anhörungs-, aber
keinerlei Vetorecht. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit
im Gesundheitswesen (IQWiG) beauftragt, Nutzenbewertungen aller Formen der Diabetestherapie vorzunehmen. Den Anfang
bildeten die kurz wirksamen Insulinanaloga für Patienten mit Typ-2-Diabetes. In dem für heute angekündigten
Abschlussbericht des IQWiG ist die Aussage zu erwarten, dass keine überzeugenden Belege für eine Überlegenheit
kurz wirksamer Insulinanaloga gegenüber Humaninsulinen hinsichtlich patientenrelevanter Therapie bei der Behandlung
des Typ-2-Diabetes bestünden. Diesen „harten, evidenzbasierten“ Fakten stehen „weiche, kompetenzbasierte“
Fakten gegenüber. Sie enthalten Betroffenenkompetenz und beschreiben Lebensqualität, Therapieflexibilität
und Patientenzufriedenheit. Und das – davon ist der DDB überzeugt – ist durchaus patientenrelevant. Darüber
hinaus wirkt sich der Einsatz von Analoga auf längere Sicht Kosten dämpfend aus, denn das dadurch ermöglichte
gute Management der chronischen Erkrankung führt dazu, Diabetes bedingte Komplikationen wie Schädigungen
der großen und kleinen Blutgefäße und der Nerven zu verringern oder sogar zu vermeiden. Die Kosten
für einen Menschen mit Diabetes ohne Komplikationen betragen pro Jahr durchschnittlich 542 €, die für
einen Patienten mit Komplikationen hingegen 1965 €, also das annähernd Vierfache. Da der Diabetes nachweisbar
die teuerste chronische Erkrankung in Deutschland ist, dürfte dieser Fakt auch kosten- und damit gesellschaftsrelevant
sein.
Auf dem Fazit des Abschlussberichtes fußend, wird nun der G-BA eine Empfehlung erarbeiten und nach nochmaliger
Anhörung aller Beteiligten der Regierung vorlegen, die eine Entscheidung in Form einer Rechtsverordnung treffen
wird. Das ist der offizielle Weg. Im Ergebnis muss der DDB zu Recht befürchten, dass die Anwendung von kurz
wirksamen Analoginsulinen zur Behandlung von Typ-2-Diabetikern aus der Arzneimittelrichtlinie herausfallen könnte
und somit den gesetzlich versicherten Patienten regulär nicht mehr für die Therapie zur Verfügung
stünde.
Deshalb hat sich die Patientenorganisation an die Spitze einer groß angelegten Protest-Kampagne gestellt.
Seit einigen Tagen liegen in Diabeteseinrichtungen sowie bei Selbsthilfegruppen, in Apotheken, Fußpflegepraxen
und anderen Stellen Unterschriftenlisten aus, die sich gegen die zu befürchtenden Entscheidungen richten.
In einem Patientenbrief wird jedes einzelne Mitglied aufgefordert, sich mit seiner Unterschrift einzutragen. Zusätzlich
wurde unter www.diabetikerbund.de ein persönlicher Protestbrief ins Internet gestellt, um allen Betroffenen
die Möglichkeit zu geben, auch eigene Schreiben an die Regierung zu richten. Das offizielle Organ des DDB
– das „Diabetes-Journal“ – hat in das nächste Heft perforierte Postkarten in eben diesem Sinne aufgenommen.
Die Bundeskanzlerin, die Bundesministerin für Gesundheit, die Patientenbeauftragte und die Vorsitzenden der
Bundestagsfraktionen wurden informiert, dass ihnen die Listen und Briefe regelmäßig vom DDB zugeschickt
werden.
Verantwortlich: Manfred Wölfert, Vorsitzender des Deutschen Diabetiker Bundes,
Goethestr. 7, 34119 Kassel, Tel.: 05 61/703 477 0, Fax: 05 61/703 477 1, E-Mail: info@diabetikerbund.de, www.diabetikerbund.de
- Redaktion: Rosmarie Johannes
Copyright © 2006 DDB
Unterschriftenaktion für Insulin-Analoga
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