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Informationsdienst Wissenschaft (idw), 03.02.2006
Forscher wollen Nierenatlas erstellen
In den kommenden Jahren wollen Forscher einen dreidimensionalen
"Atlas der Niere" erstellen. In ihm sollen die neuesten Erkenntnisse über die Organentwicklung und
die Entstehung von Nierenerkrankungen gebündelt werden. Ziel der Forscher ist es vor allem Schlüsselgene
zu kartieren, die bei diesen Prozessen eine maßgebliche Rolle spielen, um langfristig Diagnose und Therapie
von Nierenkrankheiten zu verbessern und die Behandlungskosten in Milliardenhöhe zu senken. Der Atlas ist Teil
eines von der Europäischen Union (EU) mit über 10 Millionen Euro geförderten Forschungsprojekts
"European Renal Genome Project" (EuReGene). Unter Federführung des Max-Delbrück-Centrums für
Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch sind daran 18 Forschungsgruppen von außeruniversitären Einrichtungen,
Universitäten sowie sechs Universitätskliniken in neun europäischen Ländern* beteiligt. Sie
hatten am 3. Februar 2006 ihr erstes von insgesamt drei Symposien veranstaltet, zu dem rund 150 Forscher aus Europa
und den USA in das
MDC gekommen waren, darunter Prof. Gerd Walz von der Universitätsklinik Freiburg, Prof. Adrian S. Woolf vom
Institute of Child Health in London, sowie Prof. Elizabeth Robertson von der Universität Oxford und Prof.
Andy McMahon, von der Harvard Universität in Cambridge, USA.
"Die Niere ist ein Paradeorgan für solch einen Atlas", sagte Prof. Thomas Willnow, Koordinator des
EU-Projekts vom MDC. "Sie besteht aus rund 20 verschiedene Zellarten. Die Funktion jeder einzelnen dieser
Zellarten ist genau bekannt. Das gibt es für kein anderes Organ", betonte er. An der Karte, die auf dem
Humanen Genomprojekt aufbaut, arbeiten Pathologen, Entwicklungs- und Molekularbiologen sowie Genetiker. Sie wird
auch große Bedeutung für die Erforschung von Stoffwechselstörungen haben, die zu Nierenschäden
führen, wie etwa Diabetes, ist Prof. Willnow überzeugt.
In Europa gibt es etwa 4,5 Millionen Nierenkranke. Betroffen sind vor allem ältere Menschen, bei denen die
Erkrankung häufig die Folge von Bluthochdruck und Diabetes ist, aber auch Kinder, die vielfach bereits mit
einer Nierenschädigung zur Welt kommen. Die Zahl der Nierenpatienten steigt, insbesondere bei Patienten mit
Diabetes Typ 2. Nierenschäden selbst lösen Bluthochdruck aus und können zu Herzversagen, Blutarmut
sowie Knochenerkrankungen oder gar zu Nierenversagen führen. Mit einer Blutwäsche (Dialyse) können
Patienten, deren Nieren nicht mehr arbeiten, eine gewisse Zeit
überleben, bis ein Spenderorgan zur Verfügung steht. Doch wegen der zu geringen Zahl an Spendernieren
muss ein Patient heute im Durchschnitt 40 Monate auf eine Transplantation warten.
In Europa gibt es rund 225 000 Dialysepatienten, in Deutschland (Stand: 31.12. 2004) allein 60 992. Im Jahre 2004
standen in Deutschland 9 270 von ihnen auf der Warteliste, nur 2 478 erhielten eine Nierentransplantation. Die
Zahl der neu zur Transplantation gemeldeten Patienten ist höher als die Zahl der transplantierten Patienten.
Für viele Dialysepatienten ist die Wartezeit zu lang. 2004 starben in Deutschland 10 975. Das heißt,
jedes Jahr sterben etwa 20 Prozent der Dialysepatienten, weil sie keine Spenderniere bekommen können.
* Belgien, Dänemark, Deutschland, England, Finnland, Frankreich, Italien, Polen, Schweiz
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