afp, 09.08.2001 

Mehr Mitsprache bei Arznei-Zulassung gefordert

Verbraucherschützer: Berichte über Lipobay-Schädigungen in Deutschland

Nach dem Skandal um das Medikament Baycol/Lipobay des Bayer-Konzerns haben die Verbraucherzentralen mehr Transparenz bei der Zulassung von Arzneimitteln verlangt. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) erklärte in Berlin, unabhängige Wissenschaftler müssten endlich Einsichtsrechte in die klinischen Studien der Hersteller erhalten, die bei der Zulassung von Medikamenten eingereicht werden. Der Verband forderte die Bundesregierung auch auf, Verbraucherorganisationen mehr Möglichkeiten der Mitwirkung zu geben. Auch in Deutschland waren demnach Dutzende Berichte über Schädigungen von Patienten durch den Cholesterin-Senker Lipobay gemeldet.

Gegenwärtig sei eine unabhängige Prüfung der Zulassungsunterlagen nicht möglich, wenn beispielsweise Berichte über Nebenwirkungen auf anderen Märkten vorliegen. Nach Angaben der Verbraucherschützer warnen unabhängige Arzneimittelinformationsdienste bereits seit Monaten vor starken Nebenwirkungen des Fettsenkers Lipobay. Allein in Deutschland habe das zuständige Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte rund 90 Berichte über Muskelzerfall im Zusammenhang mit Lipobay registriert. Bereits im Oktober 2000 hätten weltweit 482 Berichte über Schädigungen vorgelegen, wie das unabhängige "arznei-telegramm" berichtet habe. In der Kombination mit einem bestimmten anderen Mittel liege die Schädigungsrate sogar bei bis zu zehn Prozent der Anwender.

Der Bayer-Konzern hatte am Mittwoch einen Verkaufsstopp für das Medikament bekannt gegeben. Zuvor hatte die US-Lebensmittel- und Medikamentenaufsicht FDA erklärte, sie gehe 31 Fällen nach, in denen die Patienten nach der Behandlung mit Baycol/Lipobay an Muskelschwäche starben. Mit Baycol/Lipobay werden weltweit sechs Millionen Menschen behandelt. Es gilt als eines der umsatzstärksten Medikamente des Bayer-Konzerns.


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