Informationsdienst Wissenschaft (idw), 10.04.2002 

Medikament zur Verhinderung von Diabetes in Sicht?

Leibniz-Wissenschaftler erforschen vielversprechendes Protein

Potsdam-Rehbrücke. Die Kosten im Gesundheitswesen steigen - ein Ende ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Die Bevölkerungsgruppe mit dem größten Erkrankungsrisiko, die Menschen über 60, wächst. Demographischen Schätzungen zufolge wird es in den nächsten 25 Jahren mehr Rentner als Kinder geben. Rettung erhofft sich die Politik von der Begrenzung der Ausgaben - ein Ansatz, der vielfach auf Protest stößt. Eine Alternative eröffnet sich dagegen mit einer besseren Gesundheitsvorsorge. Allein die Zuckerkrankheit Diabetes Typ 2 verschlingt zwischen fünf und zehn Prozent aller Ausgaben in den Gesundheitssystemen der Industrieländer. Vor diesem Hintergrund untersucht das Deutsche Institut für Ernährungsforschung (DIfE) in Potsdam-Rehbrücke den Zusammenhang zwischen Ernährung und Krankheit. Für Diabetes Typ 2, der so genannten Altersdiabetes, sind die Wissenschaftler jetzt einem Protein auf der Spur, das die Entwicklung dieser Krankheit verhindern könnte.

Altersdiabetes entsteht in erster Linie durch falsche Ernährung und Bewegungsmangel. Vor allem der "kleine Hunger zwischendurch", der gerne mit Schokolade und ähnlichem bekämpft wird, hat unter Umständen fatale Folgen. Bei Diabetes produziert der Körper nicht mehr genügend eigenes Insulin (das Hormon, das den Zucker abbaut). Zucker kann nur noch schlecht verarbeitet werden. Nierenschäden, Erblindung oder Herzinfarkt gehören zu den Folgeerscheinungen der Krankheit.

Das DIfE untersucht in einer Langzeitstudie eine Stichprobe von 27.500 Probanden. Seit Beginn der Studie im Jahre 1994 sind aus dieser Gruppe 400 Personen an Diabetes erkrankt. Diese wurden mit einer gesunden Kontrollgruppe verglichen, um herauszufinden, welche Unterschiede zwischen den Erkrankten und den Gesunden bereits vor Ausbruch der Zuckerkrankheit bestanden. Im Ergebnis stellte sich folgendes heraus: alle Diabetes-Patienten wiesen im Vorfeld erhöhte Entzündungsmarker auf. Hierbei handelt es sich um Hinweise auf Entzündungen im Körper. "Auslöser für Diabetes ist eine chronisch entzündliche Situation, vergleichbar mit einer ganz leichten Grippe", erklärt Andreas F. H. Pfeiffer, Professor für Medizin und Leiter der Abteilung Klinische Ernährung des DIfE. "Warum führt Entzündung zu Diabetes? Einmal wirkt durch die Entzündung das körpereigene Insulin schlechter und zum anderen werden dadurch die insulinproduzierenden Zellen geschädigt. Der Zusammenhang zwischen Entzündungsmarkern und Diabetes ist seit kurzem beschrieben worden. Neu ist, dass wir dies prospektiv zeigen können", so Pfeiffer. Die Bekämpfung der Zuckerkrankheit könne hier bereits ansetzen.

Die besondere Stärke des DIfE ist die Kombination von Arbeit am Patienten und Grundlagenforschung. Auch dem Thema Diabetes nähern sich die Forscher von beiden Seiten an. So werden Versuche mit Mäusen angestellt, mit deren Hilfe ein Medikament zur Verhinderung von Diabetes gefunden werden soll. Wenn bei Mäusen ein bestimmtes Protein, das Frataxin, ausgeschaltet wird, werden die Tiere zuckerkrank. Im Umkehrschluss lässt sich vermuten, dass bei rechtzeitiger Gabe dieses Proteins oder ähnlich wirkender Substanzen ein Ausbruch der Krankheit vermieden würde. Wenn sich die Theorien der DIfE-Wissenschaftler als tragfähig erweisen, könnte in absehbarer Zeit ein Medikament auf den Markt kommen, das den Ausbruch von Diabetes verhindert.

Kontakt:
Prof. Dr. Andreas F. H. Pfeiffer
Deutsches Institut für Ernährungsforschung
Potsdam-Rehbrücke
Tel: 03 32 00/88-770
Fax: 03 32 00/88-777
E-mail: afhp@www.dife.de

Das Deutsche Institut für Ernährungsforschung gehört zu den 79 außeruniversitären Forschungsinstituten und Serviceeinrichtungen für die Forschung der Leibniz-Gemeinschaft. Das Spektrum der Leibniz-Institute ist breit und reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Sozial- und Raumwissenschaften bis hin zu den Geisteswissenschaften und Museen mit angeschlossener Forschungsabteilung. Die Institute beschäftigen rund 12.000 Mitarbeiter und haben einen Gesamtetat von ca. 820 Mio. Euro. Sie arbeiten nachfrageorientiert und interdisziplinär und sind von überregionaler Bedeutung. Da sie Vorhaben im gesamtstaatlichen Interesse betreiben, werden sie von Bund und Ländern gemeinsam gefördert. Näheres unter: http://www.wgl.de.

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